Kommentar Der Landesrechnungshof schießt mit Kanonen auf Spatzen

 Jörg Berres: der Präsident des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz
Jörg Berres: der Präsident des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz

Pragmatisch, aber nicht rechtskonform. Das waren die „grauen Kassen“ der Neustadter Ortsteile. Die Wortwahl des Rechnungshofs ist aber schwierig.

Keine Frage: Neustadt hat es lange versäumt, die Abrechnung der Feste in seinen Ortsteilen rechtssicher zu machen. Indem die Stadt den Weindörfern nach deren Eingemeindung ermöglicht hat, weiter eigene Konten zu führen, hat sie sich angreifbar gemacht. Zumindest dann, wenn der Landesrechnungshof prüfte.

Dieser hat dann auch im Sommer 2023 zum zweiten Mal genau das reklamiert. Hauptkritik: Die Konten laufen außerhalb der städtischen Buchführung, und es geht nicht an, dass Ortsvorsteher etwas entscheiden, was Sache des Stadtrats wäre. Dass der Stadt damit kein Cent verloren gegangen ist und der Stadtrat durchaus froh sein dürfte, nicht in die Ortsteilfeste involviert zu sein, steht dabei auf einem anderen Blatt.

Mit seiner Kritik hat der Rechnungshof aber keinen Skandal aufgedeckt. Das Problem ist bekannt und wird behoben. Indes musste die Stadt aus allen Wolken fallen, als wegen der „grauen Kassen“, die der Rechnungshof im Kommunalbericht benannte, plötzlich alle auf Neustadt schauten. „Graue Kassen“, die sofort an schwarze Kassen denken lassen, an Untreue und mehr. Im Sommer, als Stadt und Rechnungshof das Prüfergebnis besprachen, wurde solch ein Begriff nicht verwendet. Indem er es nun tut, schießt der Rechnungshof mit Kanonen auf Spatzen. Mag sein, dass er nur die Stadtverwaltung im Auge hatte. Doch hat er damit dem kommunalpolitischen Ehrenamt einen Bärendienst erwiesen. Und das ohne Not – es sei denn, er wollte auch mal für eine Schlagzeile gut sein.

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